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Kulturpolitische Entwicklung

in der Mongolei


Berlin, den 02 September 2020



Nach 30 Jahren der friedlichen Revolution rückt die mongolische Regierung die Kulturpolitik erneut in den Fokus. Auf der Plenarsitzung des Parlaments am 16. Juli 2020 wurden Struktur und Zusammensetzung der neugewählten Regierung gebilligt, darunter eine historische Entscheidung zur Einrichtung eines eigenständigen Kulturministeriums nach 24 Jahren getroffen. Das neu gewählte Parlament verabschiedete am gleichen Tag die Struktur des Kulturministeriums mit 7 Abteilungen und 78 Mitarbeitern, genau gesagt Abteilungen für Politik- und Strategieplanung, öffentliche Verwaltung und Management, kulturelle Bildung, Kunst und Kultur, Kulturerbe, Finanzen und Kulturförderung sowie Controlling und interne Revision. 


Außer dem Kulturministerium gibt es zwei weitere staatliche Steuerungsorgane für die Entwicklung und Umsetzung der Kulturpolitik. Erst seit Anfang 2015 ist die Abteilung für öffentliche Diplomatie und kulturelle Zusammenarbeit im Außenministerium für die nachhaltige Außenkulturpolitik zuständig, seit Ende 2016 die Regierungsagentur für Kunst und Kultur für die Koordination der staatlichen Kulturpolitik, Kulturgesetzgebung auf nationaler Ebene und für das Management der öffentlichen Kulturverwaltung. 


Mit welchen Herausforderungen wird das neue Kulturministerium konfrontiert? Kulturpolitische Ziele und Programme in dieser Legislaturperiode sind: 

 

  • Stärkung des Nationalbewusstseins und gemeinsamer Werte sowie der nationalen Einheit,
  • Fertigstellung von neuen und bedeutenden Kulturinstitutionen, Chinggis Khaan Museum, Naturkundemuseum, Nationaltheater, Nationalbibliothek, Kinderbibliothek, Archiv und Restaurierungszentrum für archäologische Funde,
  • Optimierung der Struktur und Organisation der 960 Kulturinstitutionen und Einrichtung eines stabilen Personalentwicklungssystems für 7.202 Beschäftigte im Kultursektor, sowie Weiterbildung und Qualifizierung der Fachkräfte, 
  • Erhaltung und Bewahrung des nomadischen Kulturerbes und Verbreitung der Tradition und traditionellen Kunst und Kultur sowie kulturelle Bildung,
  • Lernen und Beherrschung der mongolischen Sprache und der traditionellen Schrift bei der jungen Generation, sowie die Umsetzung ihrer regelmäßigen Verwendung in der Gesellschaft, 
  • Durchführung von wissenschaftlichen Forschungen zu kulturellen Werten sektorenübergreifend und breite Entwicklung internationaler mongolischer Studien, und deren Veröffentlichung sowie Internationale Zusammenarbeit,
  • Förderung der traditionellen Kunst und Kultur im Ausland, Ausweitung des Einflusses der mongolischen Kultur und Gewährleistung ihrer Einzigartigkeit, Fortführung des Programms „Mongolen in der Welt“.


Die nomadische Kultur, die traditionelle Bedeutung der Nichtsesshaftigkeit für Menschen, und das Leben in Einklang mit der Natur ist bis heute prägend. Kaum ein Staat ist so stark mit Nomadentum verbunden wie die Mongolei. Das nomadische Kernnarrativ macht verständlich, warum die Mongolei als einer der ersten Staaten die UNESCO-Konvention zum immateriellen Kulturerbe und Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen ratifizierte.

Das Land konzentriert sich auch auf die Umsetzung der UNESCO-Konventionen, an denen die Mongolei beteiligt ist, und die Erhaltung des nationalen Kulturerbes. Zwischenzeitlich sind 19 Arten in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes und des immateriellen Kulturerbes eingetragen, und ihre Erhaltung erfolgt auf nationaler Ebene in Zusammenarbeit mit einigen Ländern und internationalen Organisationen. 

Mongolische traditionelle Schrift – Kalligrafie ist 2013 in der „Weltliste des immateriellen Kulturerbes, das dringend geschützt werden muss“ eingetragen.

© AMPMC NGO / Foto: Peter Wuchterl


Bei der UNESCO verzeichnete immaterielle Kulturerben der Mongolei sind zum Beispiel mongolischer traditioneller Kehlkopfgesang Khöömii, traditionelle Musikinstrumente „Pferdekopfgeige-Morin Khuur“ und Tsuur, traditionelles Volkslied Urtiin Duu und mongolisches Epos, traditioneller Volkstanz Bii Biyelgee, mongolische Kalligrafie und traditionelle Praktiken der Verehrung der heiligen Stätten, Überredungsritual für Kamele, Falknerei, traditionelles Naadam Festival, Knöchelschießspiel, Handwerkskunst der mongolischen Jurten, Herstellungstechnik von Airag (Stutenmilch) in Khokhuur sowie fünf Natur- und Kulturstätten wie Uvs See Basin, Orkhon Tal, mongolisches Altai Gebirge, Berg Burkhan Khaldun und die umliegende heilige Gegend, Landschaften von Dauria. 1


Der Übergang der Mongolei von einer zentral geplanten Wirtschaft zu einer Marktwirtschaft im Jahr 1990 führte zu einem sozialen Bedürfnis, die Kulturpolitik und -methoden des sozialistischen Systems zu ändern. In den Jahren 1990-1996 wurde ein neuer Rechtsrahmen für den Kultursektor geschaffen. Was Kunst und Kultur tatsächlich in die Gesellschaft einzubringen vermag, ist zwischen 1996 bis 2010 vollkommen in Vergessenheit geraten. Das Ergebnis des jahrelangen Missmanagements im Kultursektor rückte die Kulturpolitik an den Rand und behandelte sie stiefmütterlich.

NordArt 2019 – International Art Exhibition

Special Project Mongolia “In der Welt Sein: Encountering Sublimity”
Kunstwerk von Ganbat Purev BITUU GER (Umringt von der Jurte), 2019, Öl auf Leinwand und Holz, 180 x 180 x 8,5 cm

© AMPMC NGO / Foto: Sukhzorig Bayansan 


In den letzten Jahren wurden etwa 10 Gesetze und Richtlinien zu den Themen „Staatliche Kulturpolitik“, Urheberrecht, kulturelles Erbe, Bibliotheken und Gesetze in Bezug auf die mongolische Sprache sowie zur Wiederherstellung historischer und kultureller Denkmäler und zum Schutz des immateriellen Kulturerbes verabschiedet. Die 13 Nationalprogramme wurden inzwischen bis 2016 schrittweise umgesetzt, um das jahrhundertealte nationale Kulturerbe zu bewahren, zu schützen, zu verbreiten und weiterzugeben. Die Umsetzung weiterer vielfältiger nationaler 7 Programme bis 2025 schaffen die Voraussetzungen für einen umfassenden Ansatz zur Erhaltung und zum Schutz des immateriellen und materiellen Kulturerbes und Entwicklung der Kunst und Kultur, wie Mongolian Content, Kultur- und Kreativindustrie, Schutz des Dokumentenerbes, klassische darstellende, Schutz des immateriellen Kulturerbes, kulturelles Erbe aus und auf Stein sowie die Personalentwicklung im Kunst- und Kulturbereich.


Die mongolische Regierung startete im Dezember 2015 das nationale Programm „Die Kultur- und Kreativindustrie“. Das Programm beschreibt u.a. die Prioritäten der Filmindustrie mit der Einrichtung eines Film Fonds und neue Gesetze zur Filmförderung sowie der Modebranche, einschließlich des Konzepts fortschrittlicher Technologie, Innovation, urheberrechtlicher Produktions- und Dienstleistungsmöglichkeiten sowie sozialer und wirtschaftlicher Vorteile mit einem breiten Spektrum kultureller Hintergründe und kultureller Vielfalt. Gleichzeitig wurde die Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals spezialisiert auf die Kreativwirtschaft intensiviert.


NordArt 2019 Preisträger

Skulptureninstallation von Ayurzana Ochirbold „DEGREE“, Stahldraht, 2017-2019, 320 x 2100 x 1700 cm

© NordArt 2019 – International Art Exhibition 

Foto: Wohlfromm


Im Kultursektor wird die Kulturpolitik der Regierung bisher nur in staatlichen Institutionen umgesetzt. Die Regierung begrüßt in den letzten 2-3 Jahren die zivilgesellschaftliche Teilnahme und Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Kulturpolitik. Besonders die Einrichtung der Abteilung kultureller Bildung zeigt, dass die Regierung die Kulturpolitik und Kulturvermittlung ernst nimmt. Alle Beteiligten sind sich einig darüber, dass die heutige Jugendpolitik unzureichend ist und vielmehr nachhaltig reformiert werden muss. Von insgesamt 3,2 Millionen Mongolen sind 38% Kinder und Jugendliche bis 20 Jahre, 63% unter 35 Jahre. Die Kultur ist als wichtige Säule bei der Entwicklungspolitik der Mongolei angenommen.



Kurz zur Autorin

Oyuntuya Oyunjargal ist Kultur- und Medienmanagerin, Gründungsmitglied der zivilgesellschaftlichen Nicht-Regierungsorganisation „Arts & Media Project Management & Consulting NGO /AMPMC/, seit Mai 2016 als Kulturgesandte der Mongolei in der Bundesrepublik Deutschland vom Außenministerium der Mongolei berufen. 



 https://ich.unesco.org/en/state/mongolia-MN


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